Die Komponistin an der Spitze von Inotherm
Sie ist die erste Musikerin in der Familie, eine Pianistin, die nach ihrem Abschluss in Komposition und Musiktheorie an der Musikakademie Ljubljana ihr postgraduales Studium in Dresden fortsetzte und ihr Meisterstudium in München abschloss. Heute ist sie eine anerkannte Komponistin, Dozentin an der Musikakademie Ljubljana im Fachbereich Komposition, das jüngste außerordentliche Mitglied des Präsidiums der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste (SAZU) sowie Preisträgerin zweier prestigeträchtiger Auszeichnungen für zeitgenössische Musik: des Fux-Preises für das Opernwerk Canvas und des Erste Bank Kompositionspreises für ihr kompositorisches Gesamtwerk. Nina Šenk Kosem ist all das und noch viel mehr. Sie ist Mutter, Ehefrau und Geschäftsführerin des größten europäischen Herstellers von Aluminium-Eingangstüren.
Vom Schweigen des Komponierens zum Komponieren eines Unternehmens
In den Jahren des Komponierens hat Nina eine bewundernswerte internationale Karriere aufgebaut, eingehüllt in die Stille des Komponierzimmers. Doch mit jedem Jahr wurde ihr klarer, dass ihr Dinge fehlten, die Musik allein nicht ersetzen kann.
„Der Beruf der Künstlerin ist schön, aber einsam“, sagt sie. „Ich begann, das Arbeitskollektiv, den Kontakt zu Menschen und die tägliche Dynamik zu vermissen. Der Beruf des Komponisten besteht aus langen Phasen des selbstständigen und oft einsamen Schaffens, die nur durch wenige Stunden intensiver Arbeit mit dem Orchester unterbrochen werden, was kein echtes Gleichgewicht zwischen individueller Arbeit und Gruppendynamik ermöglicht.“
Obwohl ihre Eltern sie schon mehrfach gefragt hatten, wann sie ins Unternehmen eintreten werde, zögerte sie die Entscheidung lange hinaus – wegen kleiner Kinder, ihres kreativen Antriebs und vor allem dem Gefühl, dass die Zeit noch nicht reif sei. Doch nach dem Verlust ihrer Mutter, die viele Jahre das Unternehmen leitete, brach etwas in ihr auf.
„Damals habe ich viele Gefühle durch die Musik verarbeitet und auch Stücke ihr gewidmet. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich diesem Unternehmen nur mit der Musik nicht wirklich helfen oder etwas verändern kann. Seit ich im Unternehmen arbeite, hat sich das geändert“, sagt die Musikerin, die gemeinsam mit ihrem Vater Inotherm führt.
Mehr Gemeinsamkeit, als es scheint
Der Wechsel von Notenlinien zum Büro- und Arbeitstisch im Unternehmen mag auf den ersten Blick wie eine 180-Grad-Wendung erscheinen, ist aber in Wirklichkeit eher ein Übergang von einer Struktur zur anderen.
„Komponist zu sein bedeutet, ein Stratege zu sein. Man muss die Form voraussehen können, ganzheitlich und vorausdenkend denken und scheinbar unvereinbare Teile zu einer harmonischen Einheit verbinden,“ sagt Nina. Die Arbeit als freie Künstlerin, insbesondere als Komponistin, besteht ihrer Meinung nach keineswegs nur darin, Musik zu schaffen. Sie umfasst auch Marketing, Verwaltung, Buchhaltung, Kommunikation mit Auftraggebern und Orchestern in verschiedenen Ländern und Sprachen. „Ein erfolgreicher Komponist muss ein Gespür für Arbeit, Verantwortung und Organisation haben,“ fügt sie hinzu.
Was sie am Unternehmertum besonders begeistert, ist die tägliche Gruppenarbeit mit dem Abstimmen von Gedanken, dem Austausch von Meinungen und dem Finden gemeinsamer Lösungen mit verschiedenen Menschen. Ihr neues Orchester mag vielleicht keine Instrumente haben, doch auch hier geht es darum, Stimmen in Einklang zu bringen, Verbindungen zu schaffen und ein Gespür für die Führung hin zu einem gemeinsamen Ziel zu entwickeln.
Die Kunst der Führung und die Führung der Kunst
„Bin ich gut in dem, was ich jetzt tue? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mich genauso bemühe, wie ich es als Komponistin getan habe,“ sagt die junge Direktorin mit ehrlicher Bescheidenheit, der das Talent zur Führung quasi in die Wiege gelegt und durch die Arbeitsweise ihrer Eltern vermittelt wurde.
Sie bestätigt, dass sie die Musik Genauigkeit, Geduld und vor allem echtes Zuhören gelehrt hat. „Ein guter Komponist ist nicht derjenige, der alles, was er weiß, in ein Stück einbaut. Ein guter Komponist erkennt, was jeder Einzelne in diesem Moment beitragen kann, damit das Orchester als Ganzes den bestmöglichen Effekt erzielt.“
Auf die gleiche Weise, wie sie einst vor dem Orchester stand, sitzt sie heute unter den Menschen. Sie ist eine Komponistin mit einer Vision, die in wenigen Minuten hundert Musiker davon überzeugen muss, ihr Werk mit Herz zu spielen. Im Unternehmen gilt dasselbe Prinzip. Einen gemeinsamen Rhythmus finden, klar und respektvoll kommunizieren, was das Ziel ist, und Verschiedenheiten zu etwas verbinden, das wie ein eingespieltes Ganzes klingt.
Die Vertonung von Inotherm
Wäre Inotherm ein Orchesterstück, würde es laut Nina so klingen wie das Leben selbst – mit all seinen Höhen und Tiefen. Es hätte Momente der Liebe und Sanftheit, harmonischer Zusammenarbeit, aber auch Abschnitte voller Unruhe, Stürme und stürmischem Rhythmus.
„Wir sind eine bunte Gemeinschaft von Geschichten, jeder mit seiner eigenen Rolle und seinem eigenen Ton, aber alle mit einer gemeinsamen Vision. Wie ein Schiff, das in dieselbe Richtung segelt – ganz gleich, ob das Meer ruhig oder aufgewühlt ist“, sagt sie. Dieses Musikstück ist zwar noch nicht entstanden, aber sie spürt, dass es ihr bis zum Ende ihrer Karriere noch bevorsteht. „Ob ich dann verraten werde, dass das Stück von Inotherm handelt oder nicht, weiß ich allerdings noch nicht“, fügt sie augenzwinkernd hinzu.
Musik, die weiterklingt
Auch wenn sie heute in einem gemäßigteren Tempo komponiert, bleibt sie der Musik treu. Jährlich schreibt sie zwei Werke – denn das künstlerische Schaffen ist ein Teil ihrer Identität, den sie niemals ganz aufgeben möchte.
Ihre kreative Handschrift bleibt stark präsent, da ihre Werke weiterhin auf Konzertbühnen in ganz Europa erklingen. Im kommenden Jahr stehen ein Abend mit ihrer Musik in München sowie Aufführungen auf Festivals in Stuttgart und Berlin an.
Nina Šenk Kosem beweist, dass Musik und Unternehmertum keine gegensätzlichen Welten sein müssen – sondern zwei Ausdrucksformen derselben kreativen Kraft. Ob Symphonie oder Strategie, Melodie oder Vision – Kreativität hat letztlich nicht nur ein Gesicht.